WorkInProgress:Kriegsende und Nachkriegszeit in Schleswig-Holstein (1945-1948)

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Kriegsende in Schleswig und Holstein

Am 5. Mai 1945, um acht Uhr morgens, endet der Krieg in Schleswig-Holstein. Drei Tage zuvor hatte Großadmiral Dönitz mit Getreuen geschäftsführend die Reichsregierung übernommen und am 3. Mai in Flensburg-Mürwik Quartier genommen. Von dort aus war mit dem britischen Feldmarschall Montgomery die bedingungslose Kapitulation aller deutschen Streitkräfte in Nordwestdeutschland sowie Holland und Dänemark verhandelt worden. Die Stadt Rendsburg selbst wird am 8. Mai von britischen Truppen besetzt. Zwar sind Schleswig und Holstein von Kriegshandlungen am Boden weitgehend verschont geblieben, dennoch ist die Kriegsbilanz verheerend: Rund 170.000 Einwohner der Städte und Landstriche sind ums Leben gekommen (ca. 12 % der Gesamtbevölkerung). In den großen Städten, insbesondere in Kiel, ist sehr viel Wohnraum zerstört oder unbewohnbar. Die dünn gesäten Industrieanlagen, vor allem im Schiffsbau an der Ostseeküste, sind großenteils zerstört, die Arbeitslosigkeit ist insgesamt hoch. Die Ahlmann-Carlshütte in Büdelsdorf ist einer der wenigen nicht zerstörten Industriebetriebe des Landes.

Von einer preußischen Provinz zu einem Bundesland

Politisch ist Schleswig-Holstein bis in den Sommer 1946 formell noch preußische Provinz. Die Briten setzen im November 1945 mit Theodor Steltzer einen Christdemokraten an deren Verwaltungsspitze, ernennen ihn später zum ersten, aber noch nicht gewählten Ministerpräsidenten. Per Verordnung Nr. 46 der britischen Militärregierung vom 23. August 1946 wird in der britischen Besatzungszone, dem Alliierten Kontrollrat vorgreifend, Preußen aufgelöst. Parallel werden selbständige Länder gebildet. Schleswig-Holstein ist Vorreiter, als hier am 20. April 1947 erstmals in Deutschland ein Landtag gewählt wird. Die Mehrheit von fast 44 % holen die Sozialdemokraten und regieren anschließend alleine. Hermann Lüdemann ist der erste gewählte Ministerpräsident. Ein reguläres Bundesland der jungen Republik wird Schleswig-Holstein mit der am 13. Dezember 1949 verabschiedeten Landessatzung. Kiel setzt sich gegen Schleswig und Lübeck als Landeshauptstadt durch.

Flüchtlinge und Vertriebene im Land

An erster Stelle der zu meisternden sozialen Aufgaben in Schleswig-Holstein steht ab 1945 der enorme Zustrom an Menschen. Schon Monate vor Kriegsende wird Schleswig-Holstein zum Hauptanlaufziel hunderttausender Flüchtlinge und Vertriebener aus den Evakuierungsgebieten im Baltikum, Ost- und Westpreußen, Pommern und Mecklenburg. Nach Kriegsende steigt die Zahl noch, so dass das junge Land bald rund 2,7 Millionen Einwohner hat – gegenüber 1,6 Millionen bei Kriegsbeginn 1939. Keine andere Region Westdeutschlands verzeichnet 1949 einen ähnlich hohen Anteil an Zugezogenen im Verhältnis zur ortsansässigen Bevölkerung. Eine Meldepflicht der heimatlos gewordenen Menschen gibt es seitens der britischen Besatzungsbehörden anfangs nicht. Auch die Bevölkerung Rendsburgs nimmt bei Kriegsende in einem zuvor und seither nie gekannten Maße zu. Die Stadt hat zunächst etwa 20.000 Einwohner. Für 1946 weist das Statistische Landesamt 35.500 Menschen aus, eine Zahl, die danach bis in die 1960er Jahre in etwa konstant bleibt. Auch im benachbarten Büdelsdorf steigt die Einwohnerzahl von 6.000 (1940) auf 9.000 (1945).

Die zugezogenen Menschen müssen untergebracht und versorgt werden. Die meisten von ihnen sind mittellos und müssen in Arbeit gebracht werden. Die gibt es aber in weiten Teilen des Landes zu wenig. Der Rendsburger Raum und insbesondere Büdelsdorf haben zumindest die Ahlmann-Carlshütte KG und ab Ende 1946 die Severin Ahlmann Betonindustrie (SAB) zu bieten. Hier kann beides bereitgestellt werden: Arbeit und Wohnraum, wenngleich bei Weitem nicht für alle. Für viele Flüchtlinge sind die Unterbringung in Büdelsdorf, Rendsburg und Umgebung sowie die Arbeit in der Carlshütte und bei der SAB nur Durchgangsstationen, allerdings bleiben auch viele. Bei der SAB sind 1950/51 immerhin etwa 70 der rund 100 Beschäftigten Heimatvertriebene.

Versorgungsprobleme, Währungsreform, alliierte Zwangsmaßnahmen

Auch ohne den Zuzug an Menschen einzurechnen, hat Schleswig-Holstein, wie die anderen deutschen Länder, in der Nachkriegszeit Versorgungsprobleme. Alles ist daher weitgehend rationiert: Nahrungsmittel, Brennstoffe und Energie, Rohstoffe für Betriebe. Erst die Währungsreform im Juni 1948 wird die Zeit der Güterreglements beenden.

Auch in anderen Bereichen deckelt die Verwaltung, insbesondere die britische Militärregierung. Zum Beispiel sind viele industrielle Betriebe, die Kriegsmaterial gefertigt haben, von Sperrungen betroffen. Sie dürfen nicht oder nur teilweise arbeiten, bzw. dürfen nicht frei über das Betriebskapital verfügen. Für die Ahlmann-Carlshütte etwa gilt diese Vermögenssperre bis Anfang 1947. Auch ist sie einer von 44 schleswig-holsteinischen Betrieben, die im Spätsommer 1947 auf einer britisch-amerikanischen Liste zur potentiellen Demontage zu Reparationszwecken stehen. Sie kann dem drohenden Aus entgehen.